
Interviewerin: Flora Otahal, Mitarbeiterin von COX Coaching & Consulting
Isabella ist nicht nur gelernte Uhrmacherin und alleinerziehende Mutter, sondern auch noch eine ‚Branchenwechslerin‘ in den Maschinenbau-Sektor. Im Alter von 35 Jahren hat sie sich entschlossen, einen neuen Weg zu gehen und eine Lehre zur Maschinenbautechnikerin – aber in verkürzter Ausbildungszeit aufgrund des vorherigen Metallberufs - zu beginnen. Heute arbeitet sie als einzige Frau in der Werkstatt eines Maschinenbau-Unternehmens, wo geschlechterbezogene Vorurteile innerhalb des Teams zum Glück nie Thema waren. Isabella teilt mit mir, warum das bei ihnen so gut funktioniert und was sie an der Zusammenarbeit in einem männerdominierten Team besonders schätzt. Außerdem sprechen wir darüber, wann Isabella außerhalb ihres Arbeitsplatzes mit Vorurteilen konfrontiert wurde und warum jetzt endgültig Schluss mit Vorurteilen gegenüber ‚Frauen in der Technik‘ sein muss.
Isabella, erzähl uns doch mal: Was machst du aktuell beruflich und woraus bestehen deine Aufgaben?
Ich arbeite in der Fertigung eines Maschinenbau-Betriebs. Dort bediene ich die meiste Zeit die konventionelle Fräsmaschine, teilweise auch die Drehbank und übernehme auch verschiedenste andere Arbeiten, wie Zeichnungen anfertigen oder schweißen.

Wie bist du zu dem Beruf gekommen, den du jetzt machst? Was war dein Weg dorthin?
Ich bin beruflich durch einige Veränderungen gegangen, das war definitiv kein Weg ‚von A nach B‘. Ursprünglich habe ich eine Lehre zur Uhrmacherin abgeschlossen, dann aber im Verkauf gearbeitet. Dazwischen war ich Briefträgerin bis nach der Karenz meines Sohnes, dann war ich an der Kassa im Handel und habe festgestellt: „Das ist eigentlich nicht das, was ich immer machen wollte“. Als ich eine Einladung zum Vorstellungsgespräch als Uhrmacherin erhalten habe, habe ich diese wahrgenommen und tatsächlich den Job bekommen. Bis die Firma wieder geschlossen hat, war ich also wieder 7 Jahre lang Uhrmacherin. In dem Bereich war es anschließend sehr schwierig erneut eine Stelle zu finden. Da ich immer schon ein Interesse für gröbere Arbeiten hatte, habe ich mich dann dazu entschlossen, eine Umschulung zur Maschinenbautechnikerin zu machen. Diese Entscheidung bereue ich bis heute auf keinen Fall.
Hattest du immer schon diese Begeisterung für Handwerkliches?
Ja, die hatte ich schon von klein auf. Am liebsten war ich immer bei meinem Papa in der Werkstatt.

Bist du in deinen Interessen gefördert worden von deinem Umfeld?
Definitiv, das war nie ein ‚Problem‘. Meine Mama hat immer gemeint, ich sei neben meinen beiden Brüdern ihr ‚dritter Sohn‘.
Wie geht es dir damit, rein unter Männern zu arbeiten?
Um ehrlich zu sein, ich finde das wesentlich angenehmer und unkomplizierter als rein mit Damen zu arbeiten. In der Werkstatt herrscht zwar manchmal ein rauer Ton oder es kommt die eine oder andere Meldung, aber wenn man das nicht zu ernst und mit Humor nimmt, kann es viel entspannter sein als die Gerüchteküche, die bei Frauen manchmal entsteht.

Kannst du das noch mehr erläutern aus deiner Erfahrung: Inwiefern bist du weniger Fan von der Zusammenarbeit nur mit Frauen im Vergleich zu Männern? Was hat dir da nicht zugesagt?
Leider gab es, als ich einmal in einem reinen Frauen-Team arbeitete, einen ziemlichen Konkurrenzkampf untereinander. Das empfand ich als irrsinnig anstrengend. Auch dieses Hinter-dem-Rücken-Reden fiel mir ganz stark und negativ auf unter Frauen.
Das heißt, daran könnten Frauen noch arbeiten? Was bräuchte es mehr?
Wir müssen lernen, alles etwas lockerer zu nehmen und offen, ehrlich und direkt zu kommunizieren. Konflikte sollten auch besser direkt ausgetragen werden als sie mit anderen vertuschend zu klären.
Welche Geschlechter-Aufteilung fändest du in einem Team also am besten?
Gemischt, am besten 50:50. So kann man sich gegenseitig am besten ausgleichen.
Hast du das Gefühl, dass die Tatsache, dass du eine Frau bist, dir im Vergleich zu männlichen Kollegen in manchen Situationen eine andere Behandlung einbringt, egal ob vor- oder nachteilig?
Was mir schon auffällt, ist, dass die Bereitschaft meine Fragen zu beantworten oder mir zu helfen von männlichen Kollegen mir gegenüber tendenziell höher ist als unter den Männern. Da kommt natürlich dazu, dass ich körperlich nun mal schwächer bin als die meisten Männer und da gelegentlich jemanden brauche, der mir unter die Arme greift. Das ist einfach so, aber da helfen wir auch alle zusammen. Um Hilfe muss man aber natürlich selbst aktiv bitten.

Eigentlich sollte das im Jahr 2021 kein großes Thema mehr sein, als Frau in einem technischen, ‚männerdominierten‘ Beruf zu arbeiten, aber oft wird es trotzdem noch zum Thema gemacht. Da kann es schon sein, dass man dem ein oder anderen Vorurteil begegnet. Hattest du so eine Erfahrung?
Wenn ich jemanden neu kennenlerne und von meinem Job erzähle, sind die meisten primär positiv beeindruckt. Wo ich allerdings Vorurteilen begegnet bin, war bei meiner Suche nach einer Lehrstelle mit den Unternehmen. Als alleinerziehende Mutter bin ich oft gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden, weil infrage gestellt wurde, ob ich das zeitlich schaffen würde, dass ich eine verkürzte Lehrzeit mache, wie es mein Wunsch war. Immerhin wollte ich die Ausbildung in 15 Monaten statt in dreieinhalb Lehrjahren abschließen. Das haben mir einige Unternehmen nicht zugetraut.
Dann hast du aber doch eine ‚vorurteilsfreie‘ Lehrstelle bekommen. Wie war deine Anfangszeit bei deinem jetzigen Job im Maschinenbau-Unternehmen? Wie wurdest du da von deinen Kollegen aufgenommen?
Sehr, sehr gut. Sie haben mich sofort willkommen geheißen und mir irrsinnig schnell und bereitwillig Neues beigebracht.
Du hast immer wieder berufliche Veränderungen - sogar ganze Branchenwechsel - durchlebt. Das ist nicht immer einfach. Welche Tipps kannst du anderen mitgeben?
Wenn man mit seinem Job nicht glücklich ist, sollte man auf alle Fälle aktiv werden und über einen Wechsel nachdenken. Die Zeit des Übergangs ist oft die schwierigste – sowohl finanziell als auch im Hinblick aufs Lernen -, aber da heißt es dann: durchbeißen. Das lohnt sich am Ende auf alle Fälle.
Meine nächste Frage dreht sich vielmehr ums Thema ‚Karriere und Familie‘. Du bist alleinerziehende Mutter eines 14-jährigen Sohnes. Wie hast du es bisher geschafft und wie schaffst du es immer noch, deinen Job und das Muttersein gut zu vereinbaren?
Das lässt sich sehr gut vereinbaren. Als mein Sohn kleiner war, hatte ich Unterstützung durch die Großmütter und jetzt bleibt er auch schon eine Zeit lang allein zu Hause und ist natürlich selbstständiger. Aber auch die Nähe meines Arbeitsplatzes zu meinem Wohnort und zur Schule meines Sohnes erleichtert mir einiges.

Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten im Vereinbaren von Job und Kind?
Ich stelle es mir schwierig vor, wenn man Arbeitszeiten bis 18:00 oder 19:00 Uhr hat, ohne jemanden zu haben, der aufpassen kann. Aber so bin ich hauptsächlich in der Arbeit, wenn mein Sohn in der Schule ist. Ansonsten muss man bei Schwierigkeiten einfach kommunizieren: Vor allem mit dem eigenen Arbeitgeber.
Hast du immer schon gewusst, was du vom Leben und von deinem Job willst?
Nein. Ich wusste lange nicht, was ich wirklich will. Früher wäre ich am liebsten Elektrikerin, Mechanikerin und Friseurin zugleich geworden, also da war ich sehr divers in meinen Vorstellungen. Was mir aber von meinem Elternhaus vermittelt wurde, war: Wer etwas erreichen möchte, muss etwas dafür tun – Dann kann man alles erreichen. Nach diesem Motto richte ich mich noch heute.