
Das Corona-Virus hat es geschafft, unser aller Leben in vielen Bereichen grundlegend zu verändern. Nun ist der Sommer in Sicht und eine optimistischere Grundstimmung in Hinblick auf Öffnungsschritte und Durchimpfung ist wahrzunehmen. Die Rückkehr zur Normalität, wie wir sie vor der Pandemie kannten, scheint nicht mehr so abwegig. Jetzt wird sich herausstellen, welche Veränderungen in der Arbeitswelt bleiben und was wir zukünftig im Berufs-Kontext an ‚Corona-Nachwirkungen‘ erwarten dürfen. Die Frage lautet also: Corona - Was ist gekommen, um zu bleiben? Meine thesenhaften Antworten auf diese Frage basiere ich auf einer Meinungserhebung des deutschen Unternehmens New Work SE, das in einer Expertenrunde von Vordenker*innen und Praktiker*innen versucht hat, darauf Antworten zu finden.
#1 Die Sinnsuche im Job: Menschen suchen nunmehr auch im Job nach Sinnhaftigkeit und individueller Entfaltung. Um an dieser Stelle den Zukunftsforscher Matthias Horx zu zitieren: „Zukunft entsteht dann, wenn wir in Krisensituationen über uns selbst hinauswachsen und uns dadurch neu erfinden – als Gesellschaft, aber natürlich auch als Einzelperson“. Das heißt, dass sich viele Einzelpersonen nun auch ihrer eigenen Wünsche hinsichtlich des Jobs bewusst geworden sind und dementsprechend danach streben, dieser Wünsche nachzukommen und sich selbst „neu zu erfinden“. Zudem hat auch der Trend, als Unternehmen oder Arbeitskraft einen Mehrwert für die Gesellschaft zu kreieren, durch den Zugewinn an Bedeutung von sozialen und gesellschaftlichen Aspekten in der Krise, einen spürbaren Aufschwung bekommen.
#2 Arbeiten, wo, wie und wann man will: Das Homeoffice wird so schnell nicht von der Bildfläche verschwinden. Vielmehr deuten Prognosen und Gespräche mit Arbeitskräften hinsichtlich ihrer Präferenzen darauf hin, dass hybrides Arbeiten zur neuen Normalität in vielen Unternehmen werden könnte. Hybrides Arbeiten – also eine individuelle und situationselastische Kombination aus Remote-Work und dem persönlichen Austausch im Unternehmen – führt nicht nur zu mehr Flexibilität und Selbstbestimmtheit von Team-Mitgliedern, sondern auch zu einer neuen Definition von Arbeitsort und Arbeitszeit.
#3 Ein Shift in den erforderlichen Kompetenzen: All diese Veränderungen in der Arbeitswelt machen jedoch auch deutlich sichtbar, dass dadurch neue Qualifikationen und Kompetenzen nötig werden. Das betrifft beispielsweise den Umgang mit neuen Technologien und Kollaborations-Tools, die Adaptionsfähigkeit, soziale, emotionale und kommunikative Kompetenzen sowie die Fähigkeit, agil und selbstdiszipliniert zu arbeiten.
#4 Das Menschliche im Mittelpunkt: Durch die Pandemie hat es vielerorts ein wertebasiertes Umdenken in der Arbeitswelt gegeben: Als Folge von „Social Distancing“ gewannen emotionale und zwischenmenschliche Interaktionen wieder an Wertigkeit. Das Bedürfnis nach Begegnung und persönlichem Austausch stieg und macht einmalmehr die Vorteile von Hybrid Work deutlich. Das Maß aller Dinge hat also einen Wandel erlebt und lässt sich nun mit dem „Menschlichen“ zusammenfassen.
#5 Kollaboration statt Alleingang: Wie wertvoll effektive Kollaboration sein kann und welchen Stellenwert sie hat, wurde ebenso vor allem durch die Homeoffice-Zeiten wahrnehmbar. Statt den Wettbewerbsgedanken in den Vordergrund zu stellen, setzen viele Unternehmen auf Kooperationen auf Augenhöhe und der Erfolg gab ihnen recht. Vertrauen, Zusammenhalt, Kreativität und Innovation sind das Ergebnis von funktionierender Kollaboration.
#6 Arbeitsstrukturen im Wandel: Das „New Normal“ kann man auf drei Schlagworte herunter brechen: digital, volatil und agil. Durch sich ständig verändernde Umstände braucht es flexible Organisationsstrukturen und Agilität, um krisenbeständiger zu werden. Jene Unternehmen, die damit ihre Schwierigkeiten hatten, sind nun mehr denn je gefordert ihre Unternehmens-DNA, -konzepte und -strukturen neu aufzubauen. Die neue Normalität bedeutet also nicht „zurück zum Alten“, sondern vielmehr „hin zu neuen Arbeitsstrukturen“.
#7 New Leadership: Neue Herausforderungen und Chancen für Teams und Unternehmen bedeuten letztendlich vor allem auch neue Herausforderungen und Chancen für Führungskräfte. „New Leadership“ spricht von der Anpassung an die veränderte Arbeitswelt der Führungskräfte im Sinne einer neuen Rolle als Krisenmanager*innen und Motivator*innen der Mitarbeitenden. Kontrolle und Disziplin sollen vielmehr reflektiert und selbstbestimmt von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern selbst gelebt werden. Führungskräfte sind also gefordert, auch in hybriden Arbeitsmodellen Nähe trotz Distanz zu vermitteln, Mitarbeitererfahrungen zu generieren und gegebene Strukturen fortlaufend auf den Prüfstand zu stellen und daran zu arbeiten.
Diese sieben Thesen verdeutlichen eines ganz klar: Corona hat nicht nur in der letzten Zeit seine Spuren, in unserer Art zu arbeiten und zusammenzuarbeiten, hinterlassen, sondern prägt vor allem auch unsere Zukunft der Arbeit maßgeblich. Dennoch bleibt bei Thesen über die Zukunft immer zu bedenken: What was, no longer is. What will be, we no longer know. Lassen wir uns also überraschen!