
Achtsam zu führen, heißt vor allem präsent zu sein. Das ist herausfordernd angesichts der Vielzahl an Rollen, die man als Führungskraft einnehmen muss. Führungskräfte fangen Druck für ihr Team ab, tragen Führungsverantwortung in jeder Delegation, kümmern sich ums Stakeholder Management, gestalten Prozessen und Strukturen, kreieren Zukunft, entwickeln und führen Mitarbeitende, bewältigen Krisen und Konflikten und geben den Umgang mit Veränderungen vor. Das Wichtigste, das es für Führungskräfte jedoch zu managen gilt, ist ihr eigenes Bewusstsein – ihr innerer Zustand.
Sich selbst führen
Um den inneren Zustand reflektieren und regulieren zu können, ist Self-Leadership eine gute Möglichkeit. Wer sich selbst führen kann, kann auch andere besser führen. Aber was heißt das überhaupt? In erster Linie bedeutet Selbstführung, dass man die eigenen Gefühle und Handlungen durch bewusste Gedanken selbst beeinflussen kann. Auch kann die eigene intrinsische Motivation und Leistung durch natürliche Belohnungsstrategien gesteigert werden. Belohnungen können für jeden anders aussehen. Zum Beispiel kann es ein belohnendes Gefühl auslösen, wenn man sich nach getaner Arbeit selbst Gutes tut oder Zeit mit Liebsten verbringt. Diese Regenerations-Pausen laden den eigenen Energiehaushalt wieder auf. Studien belegen zudem, dass Self-Leadership nicht nur trainiert und ausgebaut werden kann, sondern auch die mentale und körperliche Leistungsfähigkeit stärkt.
Wir führen uns selbst, bevor wir andere führen.
Achtsam handeln
Auf Führungskräfte prasseln täglich Unmengen an Erwartungen ein. Im gestressten Zustand passiert es dann schnell, dass auf Reize im Autopilotmodus rasch und automatisch reagiert wird. Es ist aber auch eine andere Art der Reaktion möglich: Nach der Wahrnehmung eines Reizes wird reflektiert, was in diesem Moment an Gefühlen, Körperempfindungen und Gedanken da ist. Der innere Zustand und die äußere Situation werden dadurch bewusst wahrgenommen. Ein innerer Dialog folgt, ein Abwägen der tatsächlichen Situation. Erst dann reagiert die Führungskraft – und das entschieden anstatt automatisiert.
Wir nehmen wahr, bevor wir handeln.
Achtsam beurteilen
Wer nicht richtig oder im Downloadingmodus zuhört, ist schnell im Bestätigen alter eigener Muster oder im Ver-Urteilen. Bewusst beurteilen heißt vielmehr das Denken, Fühlen und den Willen zu öffnen für das, was kommt. Urteile zu fällen gelingt am besten durch Perspektivenwechsel, das Eingehen auf Bedürfnisse und durch Beobachtungen.
Wir öffnen das Denken, Fühlen und unseren Willen, bevor wir beurteilen.
Achtsam kommunizieren
Wir kommunizieren vor allem durch verbale und non-verbale Kommunikation. Wie bedacht wir verbal sprechen, hängt wieder von unserem inneren Zustand ab. Erst wenn wir in uns Klarheit haben, können wir Bedürfnisse anderer im Außen wirklich wahrnehmen, in Ich-Botschaften Anliegen äußern und uns dabei verständlich für das Gegenüber mitteilen. Aber auch nonverbal darf Achtsamkeit in unsere Kommunikation fließen. Das geschieht vor allem, indem wir anderen aktiv zuzuhören. Durch präsente, zugewandte Körpersprache und ein Öffnen meines Denkens zeige ich, dass ich neugierig, offen und interessiert daran bin, was mir mein Gegenüber mitteilen möchte. Ohne assoziativ zu denken, kann ich mich auch wirklich auf das Gesagt einlassen und zuhören, um zu verstehen und nicht, um zu antworten.
Wir hören zu, um zu verstehen statt, um zu antworten.
Achtsam entscheiden
Als Führungskraft müssen Entscheidungen getroffen werden bevor sie einen selbst treffen. Dafür sollte man zuerst einmal wissen, was man will und warum. Entscheidungen aus Stimmungen zu treffen, passiert nicht mehr, ist man sich erst seiner inneren Verfassung bewusst. Bei jeder Entscheidung ist also - neben der sachlichen Analyse von Optionen - eine eingehende emotionale Vorbereitung nötig sowie das Einbeziehen anderer Perspektiven.
We need to build the capacity to shift the inner place from which we operate.
nach Claus Otto Scharmer