
Hybride Führung bringt subjektiv empfundenen Kontrollverlust für Führungskräfte mit sich. Management by walking around‘ - schnelle Follow-Up-Fragen in der Büroküche oder ein Über-die-Schulter-Schauen im Büro - fällt bei virtuell arbeitenden Teammitgliedern schließlich flach. Aber nicht nur das: Technische Veränderungen, neue Zusammenarbeitsprozesse, komplexere Kommunikationswege, erschwerte Kontrolle und Übersicht, Koordination zwischen on-site und remote Arbeitsabläufen sowie individuelle Bedürfnisse von Mitarbeitenden stellen Führungskräfte vor zusätzliche Herausforderungen.
Wie kann hybride Führung darauf – trotz Blending aus virtueller und on-site Zusammenarbeit, effektiv eingehen? Welche vertrauensbildenden Maßnahmen können Führungskräfte, die hybride Teams führen, für ihr eigenes Wohlbefinden und das ihres Teams setzen?
Für vertrauensbildende und kommunikationsfördernde Routinen sorgen
Bewusste Routinen im Arbeitsalltag und in Meetings, die geblockt Zeit für Austausch schaffen, vermitteln Stabilität und bieten Raum für regelmäßige individuelle Gespräche, Ideenaustausch sowie für hybride Teambonding-Aktivitäten. Die Gewissheit, regelmäßig Gelegenheit zu bekommen, wichtige Themen anzusprechen, stärkt in Teams und ihren Führungskräften den Zusammenhalt und das wechselseitige Vertrauen. Organisationen sind schließlich mehr als wirtschaftliche Betriebe, sondern vielmehr lebendige Konstellationen aus Individuen mit Wünschen, Ängsten, Sehnsüchten, persönlichen Bestrebungen und Gefühlen. Diese persönlichen Anliegen miteinander zu teilen, schafft innerhalb des Teams Vertrauen, verstärkt aber auch das Verständnis von Führungskräften für ihre Mitarbeitenden und deren Umstände. Dieses Verständnis wird nicht nur von Mitarbeitenden geschätzt, weil sie sich als Personen wahrgenommen fühlen, sondern hilft Teamleitenden auch dabei, diese Umstände und Bedürfnisse bei Delegation von Aufgaben zu bedenken.
Bewusst vertrauen statt Angst vor Kontrollverlust
Bewusst zu vertrauen heißt, kalkulierbare Risiken einzugehen. Wer delegiert und damit Aufgaben abgibt, gibt auch Kontrolle darüber ab – mit dem Risiko, ein unzureichendes Ergebnis geliefert zu bekommen. Direktiver Führungsstil ist jedoch Schnee von gestern bei hybriden Arbeitsformen. Mikromanagement und die Anforderung von ständigen Fortschrittsreports, um den Überblick zu behalten, mag verlockend klingen, ist aber infrage zu stellen. So belastet man als Führungskraft das Team zusätzlich und signalisiert fehlendes Vertrauen. Besser: Ziele, Prioritäten und Rahmenbedingungen für Entscheidungsfreiräume klar zu kommunizieren, die Umsetzung von Aufgaben jedoch den Mitarbeitenden zu überlassen. Es geht um das WAS, also den Output am Ende, nicht um das WIE. Die Führungskraft sollte den Prozess lediglich unterstützend begleiten, indem sie bei Bedarf zur Verfügung steht. Wer als Führungskraft also Vertrauen will, muss auch bereit sein, Vertrauen zu schenken.
Konflikte nicht unter den Teppich kehren
Ein Unternehmen ist so stark wie seine wechselseitigen Beziehungen. Konflikte entstehen unweigerlich von Zeit zu Zeit und wirken sich somit auf die Zusammenarbeit und das gegenseitige Vertrauen aus. „Das besprechen wir nicht online, sondern wenn wir uns wieder mal sehen“, ist hier mit Vorsicht zu genießen. Aufgeschobene Konflikte werden zu immer größeren Problemen und schaden dem gegenseitigen Vertrauen, je länger sie ungeklärt bleiben. Deshalb: Auch in Online-Umgebungen ist es ratsam, Konflikte mit Beteiligten offen anzusprechen und zu klären.
Remote Work soll eben nicht zu einem Vertrauensverlust von Führungskräften gegenüber ihren Mitarbeitenden führen, sondern verlangt nach dem Gegenteil, um effektiv zu funktionieren: Einem Mehr an bewusstem Vertrauen, einem Mehr an menschlicher Führung und einem Mehr an Raum für persönlichen Austausch.